Mein Antidepressivum hat 4 Pfoten und ein Fell.

Vieles kann der Mensch ertragen. Stress im Job, Streitereien in der Partnerschaft, chronische Krankheiten oder auch Trauer nach einem schmerzlichen Verlust eines geliebten Menschen. Wir sind alle stark und gehen immer nur noch stärker aus jeder Krise hervor. Was uns nicht umhaut macht uns nur stärker. Nur Schwächlinge und Weicheier versagen und brechen zusammen.

Wir leben in einer Gesellschaft, in der Leistungsbereitschaft oberstes Gebot ist. Immer und überall liegt die Messlatte nie unterhalb von Perfektion. Wir wollen die perfekten  Körpermaße, perfekte Kinder, den perfekten Job, den perfekten Partner, den perfekten Urlaub, die perfekte Ernährung. Wir haben alles unter Kontrolle. So lange, bis wir sie nicht mehr haben. Die Kontrolle. Völliger Kontrollverlust setzt ein. Als würde man einen Schalter umlegen und es wird finster in der Seele. Nichts geht mehr. Man befindet sich im freien Fall ins bodenlose. 

Ich dachte immer, das passiert nur den Anderen.  Falsch gedacht. Von einer Minute zur nächsten veränderte sich mein Leben, meine Wahrnehmung, meine Empfindungen, mein komplettes Gefühlsleben zur Gänze. Plötzlich war sie da die Depression. Selbst alltägliche Kleinigkeiten türmten sich zu scheinbar unüberwindbaren Hindernissen hoch. Da war mir der Weg zur Toilette schon zu weit und ich habe mich ernsthaft gefragt, ob ich jetzt wirklich vom Sofa aufstehen muss. Heute waschen, anziehen und die Wohnung sauber machen? Oder doch  erst morgen? Es hat mich unendliche Kraft gekostet, nur um auf´s Klo zu gehen. Verrückt, nicht war? Aber das Verrückteste war, dass ich mich wie von außen selbst dabei beobachten wie unfähig ich bin, um mir dann zu sagen, wie wertlos ich doch bin. Jeden einzelnen Tag in mehr als 2 Jahren. 

Als dann letztes Jahr im März auch noch unsere alte Border Collie Hündin schwer krank wurde und es unausweichlich wurde, dass sie nun bald über die Regenbogenbrücke gehen wird, war ich überrascht, dass es immer noch schlimmer werden kann.

Und dann Ende Mai kam Miss Sophie. Und wieder veränderte sich alles. Dieser kleine Wirbelwind wehte fortan die Depression selbst aus dem letzten Winkel meines Gemüts. Sie ist mein Antidepressiva mit erwünschten Nebenwirkungen. Ich gehe wieder spazieren, fahre mit dem Auto, kann meinen Alltag gut organisieren, nähe für sie Kleider, koche Hundefutter und lerne ihr neue Tricks. Wir gehen gemeinsam shoppen, an die Donau, schwimmen, Rad fahren. Sie schläft bei mir an meiner Seite ein  und ich wache neben ihr auf. 

Mein Leben hat sich verändert. Schon wieder. Und während ich so darüber nachdenke, frage ich mich, wer hat da eigentlich wen gerettet? Ich Miss Sophie, als ich sie aus dem Tierschutzhaus geholt habe, oder sie mich? Sie ist der Grund, weshalb es nicht nur diesen Blog gibt, sie ist auch mein innerer Antrieb die Welt mit anderen Augen und einem positiveren Blick zu sehen. 

Meine Bitte an alle da draußen, die es geschafft haben diesen Text bis hierher zu lesen. Egal ob ihr im Moment  selbst in einer schweren Krise steckt, oder dabei zusehen müsst, wie ein geliebter Mensch gerade mit seinem Leben hadert, bitte gebt niemals auf. Holt euch alle Hilfe die ihr kriegen könnt. Bei Freunden, in der Familie und bei einem Therapeuten. Oder auch bei einer Fellnase wie meiner Miss Sophie.

I´ll be back!

Im Moment stehen wir alle vor einer großen Herausforderung: Der Corona Krise! Wir erfahren Isolation, erleben Angst bis hin zur Panik und für viele Menschen steht sogar ihre Existenz auf dem Spiel. Einschneidende Veränderungen haben in unser aller Leben stattgefunden und wir können so gut wie nichts daran ändern. So gut es geht, machen wir das Beste daraus. Manche von uns werden diese schwierige Zeit besser überstehen als andere. Lasst uns auch in Zukunft zusammenhalten, füreinander da sein und vor allem: Bleiben wir höflich und nett zueinander! Denn eines ist sicher: Unsere Welt hat sich nachhaltig verändert. In welcher Form, zum Besseren oder zum Schlechteren, diese Geschichte ist noch nicht geschrieben. Diese Geschichte schreiben wir. Lasst uns dafür Sorge tragen, dass diese Geschichte ein Happy End bekommt! 

Gruß und Kuss

Die Aignerin

 

6 thoughts on “Mein Antidepressivum hat 4 Pfoten und ein Fell.

  1. das hast du so wundervoll geschrieben ich danke dir
    ich hoffe es gibt mir nach meiner langen krankheit wieder zuversicht und kraft – viele bussis uschi

    1. Liebe Ursula!
      Ich kann Dich gut verstehen. Manchmal fällt es schwer, Kraft zu finden. Und vielleicht kommt man sogar an einen Punkt, wo man fest überzeugt ist, dass alles keinen Sinn mehr macht. Diesen Ort kenne ich gut. Es ist ein Ort, da ist es finster und hoffnungslos. Aber wenn wir nur lang genug durchhalten, dann passiert das unmögliche und es geht wieder bergauf. Ich schicke Dir etwas von meiner Kraft, denn zur Zeit kann ich sie verschenken und darauf hoffen, dass sie bei Dir ankommt!
      Liebsten Gruß
      Die Aignerin

  2. Danke für diese tollen und ehrlichen und ergreifenden Worte! Jeder der den Boden unter den Füßen schonmal verloren hat und weiß wie es ist immer wieder gegen Depression und Krankheit zu kämpfen versteht es. Es gibt Wege hinaus, wir dürfen nicht aufgeben und müssen füreinander dasein- ob weit oder fern- Danke für diese tollen Zeilen! Immer wieder!

    1. Liebe Nadine!
      Es war so schön Dich in Venedig kennen zu lernen. Manche Menschen, so wie Du, haben eine Aura, da merkt man gleich, sie haben das Herz am rechten Fleck. Ich Danke Dir, dass Du Dir die Zeit genommen hast, um meine Zeilen zu lesen und dann auch noch für Deine lieben Worte! Das gibt mir Zuversicht und Energie. Ich hoffe, Dir geht es soweit gut in dieser herausfordernden Zeit!
      Liebsten Gruß
      Die Aignerin

  3. Liebe Aignerin
    Statt kluger Worte weise ich dich auf eine andere Geschichte hin. Es handelt sich hier um eine Katze, die dieselben Eigenschaften hat, wie Miss Sophie:

    Es handelt sich um einen Drogensüchtigen und Strassenmusikanten, James Bowen, der einen hungrigen, verwahrlosten Kater vor seiner Wohnungstür fand. Er konne es nicht übers Herz bringen und den Kater abzuweisen. Wer wen dann heilte und zu neuem Leben verhalf, ist nicht klar. Jeder war für den anderen da, in allen Situationen. Die Bücher von James Bowen habe ich gerne gelesen.

    Weiter so! Das Leben ist kein Wunschprogramm. Macht das Beste draus! Herzlichst eure Evelyne

    1. Liebe Evelyn!
      Danke für diese Geschichte! Es ist immer noch so, dass sich ein Teil von mir schämt, weil so verrückt dankbar für Miss Sophie bin und sie einen so großen Platz in meinem Leben hat. Mein bester Ehemann der Welt hält mich am Boden und mit Miss Sophie ist mein Kopf in den Wolken. Viele verstehen nicht, wie ein Hund so wichtig sein kann. Ist ja nur ein Hund. Andere kritisieren, dass Miss Sophie mein Spielzeug ist. Ich lerne gerade, diese Unkenrufe zu ignorieren. Aber Zeilen wie die deinigen geben mir Mut weiter zu machen und einfach so zu sein wie ich bin und weiter zu wachsen. Auch wenn das andere Menschen mich gerne anders hätten.
      Liebsten Gruß
      Die Aignerin

Schreibe einen Kommentar zu Daniela Aigner Antworten abbrechen

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert