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Angenommen, es g\u00e4be mehr als nur eine Zeit? W\u00fcrden wir sie sch\u00e4tzen und nutzen? Denn es gibt sie, mehr als nur eine Zeit und das wussten schon die alten Griechen. Sie hei\u00dfen Chronos und Kairos.<\/span><\/p>\n

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Chronos war ein grausamer Gott. Er hat seinen Vater gehasst und wollte alle Macht an sich rei\u00dfen. Also schnappte er sich eine Sichel und schnitt seinem Vater kurzerhand sein Vorpflanzungsorgan ab. Chronos wurde damit zum alleinigen Herrscher \u00fcber die Welt. Zur Vorsicht und aus purem Argwohn, dass ihm nun das Selbe Schicksal heimsuchen k\u00f6nnte, fra\u00df er fortan alle seine Kinder aus Angst vor der eigenen Entmachtung. Alle, bis auf einen: Kairos. Der wurde von seiner Mutter Rhea vor Chronos versteckt. Und die Moral von der Geschichte? Will man Chronos entkommen und selbstbestimmt leben, muss man sich dazu entschlie\u00dfen eigenverantwortlich zu handeln. L\u00e4sst man sich treiben, \u00fcberl\u00e4sst anderen die Entscheidungen \u00fcber sein Leben und wei\u00dft immer nur dem Au\u00dfen die Schuld zu, wird man chronisch krank, \u00fcberfordert und gestresst. Oder gefressen.<\/span><\/p>\n

Daher auch der Spruch: \u201eDie Zeit frisst ihre Kinder.\u201c Ein passiver, unbewusster Mensch wird von der Zeit \u201egefressen\u201c. St\u00e4ndig f\u00fchlt er sich als Opfer, hat aber gleichzeitig Panik vor freier Zeit, die er sofort vertreiben muss und totschl\u00e4gt, um sich nur ja nicht mit sich selbst besch\u00e4ftigen zu m\u00fcssen. Da er seine Probleme verdr\u00e4ngt, werden viele chronisch. Delegieren wir die Verantwortung f\u00fcr unser Seelenheil an eine \u00e4u\u00dfere Macht (dem Chef, den Partner, die Eltern, dem Wetter, dem Schicksal), dann werden wir schlie\u00dflich von dieser „Macht“ abh\u00e4ngig. Die chronische Suche nach einem Ausweg im Au\u00dfen kann zu einer Sucht heran wachsen: Tabletten, Zigaretten, Alkohol, Drogen, Sex oder als Workaholic. Die einzige L\u00f6sung, um dieses Dilemma aufzul\u00f6sen hei\u00dft Macht \u00fcber sich selbst zu gewinnen.<\/span><\/p>\n

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Jetzt muss ich jedoch eine Lanze f\u00fcr den denunzierten Chronos brechen. Denn ohne Chronos l\u00e4uft nichts. Wo k\u00e4men wir denn dahin, wenn wir unsere Chronometer g\u00e4nzlich ignorieren w\u00fcrden? Wenn wir st\u00e4ndig unp\u00fcnktlich w\u00e4ren oder nicht mehr wissen wann welcher Wochentag ist? Richtig. Ins Chaos. Wir brauchen dringend eine zeitliche Abfolge und Struktur. Wir m\u00fcssen darauf vertrauen k\u00f6nnen, dass nach dem Winter der Fr\u00fchling kommt, der Tag auf die Nacht folgt und vor dem Tod das Leben steht. Die zeitliche Reihenfolge ist immens wichtig. Mit welchem Schritt wir beginnen und wie unser n\u00e4chster Schritt aussieht ist entscheidend \u00fcber Erfolg und Misserfolg. Wir verwenden ein Handtuch ja auch nicht vor dem H\u00e4nde waschen. So kennen wir die Zeit. Als eine Linie die von der Vergangenheit die Zukunft f\u00fchrt. \u00a0Auch das ist Chronos. Dazwischen liegt ein Jetzt.<\/span><\/p>\n

In diesem Jetzt liegt eine Zauberformel die im Laufe der Geschichte mehr und mehr in den Hintergrund gedr\u00e4ngt wurde. Kairos.<\/span><\/p>\n

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Kairos war der j\u00fcngste, der gerettete Sohn von Chronos. Seine Zeitrechnung orientiert sich nicht nach dem Zeiger auf der Uhr. Bei ihm ist Zeit keine Konstante die nur in eine Richtung l\u00e4uft, n\u00e4mlich vorw\u00e4rts. Einen Anfang und ein Ende kennt er nicht. Und jetzt kommt mein Lieblingsargument: Bei ihm z\u00e4hlt nicht die Quantit\u00e4t der Zeit die wir zur Verf\u00fcgung haben, sondern \u2013 \u00dcberraschung \u2013 bei ihm geht es um die Qualit\u00e4t der Zeit. Kairos ist der Gott der Gunst der Stunde. Ja, schon die alten Griechen wussten offenbar um den Ehrgeiz der Menschen so viel wie m\u00f6glich in so kurzer Zeit wie m\u00f6glich zu erledigen. Immer mehr, immer schneller. Schnelligkeit war \u00fcbrigens die geheime Superkraft von Kairos im wahrsten Sinne des Wortes. Auf gefl\u00fcgelten F\u00fc\u00dfen war er st\u00e4ndig in Bewegung und stand niemals still. Eigenwillig war auch sein Haarschnitt: vorne lang und hinten nix. Doch er trug seine langen Locken an der Stirn nicht aus einer modischer Laune heraus, sondern aus triftigem Grund. Niemand sollte ihn von hinten zu fassen bekommen. Nur wer ihn kommen sieht konnte ihn ergreifen, von vorne also. Denn den richtigen Augenblick erwischt man nur von vorne, wenn man ihn kommen sieht. Und schon wieder ein Sprichwort: \u201eDie Gelegenheit am Schopf packen.\u201c<\/span><\/p>\n

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Damit sind wir auch schon bei der Zauberformel Kairos angekommen. Das Wissen um den richtigen Augenblick, die Gunst der Stunde, den kritischen Zeitpunkt. Hier bestimmt nicht der Minutenzeiger, sondern das Wissen, Gef\u00fchl, die Intuition, Erfahrung und Aufmerksamkeit wann wir etwas tun sollten. Also, Tomaten nicht vor den Eisheiligen auspflanzen, den G\u00f6ttergatten nicht gleich hinter der Haust\u00fcr mit den gro\u00dfen Problemen des Alltags \u00fcberfallen oder den Welpen vor die T\u00fcr zu bringen, obwohl man doch erst vor wenigen Minuten mit ihm auf der Wiese war. Wir sollten Essen wenn wir Hunger haben anstatt die Uhr zu fragen, ob jetzt daf\u00fcr die richtige Zeit ist.<\/span><\/p>\n

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Es ist so simpel wie erbaulich. Eine halbe Stunde nett zu plaudern ist wertvoller, als 5 Stunden gemeinsam Fernsehen. Wir vers\u00e4umen g\u00fcnstige Gelegenheiten schlicht deshalb, weil Kairos kaum noch eine Rolle in unserem Leben spielt. Er l\u00e4uft t\u00e4glich und mehrmals an uns vorbei und meist erkennen wir eine gute Gelegenheit erst im R\u00fcckblick. Aber dann ist es zu sp\u00e4t. Chronos l\u00e4sst sich nicht zur\u00fcckdrehen und Kairos nicht von hinten fassen. Mit ein wenig Aufmerksamkeit, offenen Augen und offenem Herzen durch den Tag gehen. Einfach mal auf den inneren Rhythmus h\u00f6ren, anstatt sich st\u00e4ndig nach der Uhrzeit zu fragen. Gestresste Menschen kann man zum Beispiel daran erkennen, dass sie auf ihre Uhr schauen und wenn man sie danach fragt wie sp\u00e4t es ist, dann haben sie keine Ahnung. Machen sie mal einen Selbsttest. Sie werden sich wundern\u2026<\/span><\/p>\n

\u201eWer bist du?<\/em><\/span>
Ich bin Kairos, der alles bezwingt!<\/span>
Warum l\u00e4ufst du auf Zehenspitzen?<\/em><\/span>
Ich, der Kairos, laufe unabl\u00e4ssig.<\/span>
Warum hast du Fl\u00fcgel am Fu\u00df?<\/em><\/span>
Ich fliege wie der Wind.<\/span>
Warum tr\u00e4gst du in deiner Hand ein spitzes Messer?<\/em><\/span>
Um die Menschen daran zu erinnern, dass ich spitzer bin als ein Messer.<\/span>
Warum f\u00e4llt dir eine Haarlocke in die Stirn?<\/em><\/span>
Damit mich ergreifen kann, wer mir begegnet.<\/span>
Warum bist du am Hinterkopf kahl?<\/em><\/span>
Wenn ich mit fliegendem Fu\u00df erst einmal vorbeigeglitten bin,<\/span>
wird mich auch keiner von hinten erwischen<\/span>
so sehr er sich auch bem\u00fcht.<\/span>
Und wozu schuf Euch der K\u00fcnstler?<\/em><\/span>
Euch Wanderern zur Belehrung.\u201c<\/span><\/p>\n

Ich w\u00fcnsche Euch allen Zeit zum Genie\u00dfen, die Mu\u00dfe der Hektik zu entfliehen und die Aufmerksamkeit gute Gelegenheiten zu ergreifen.<\/span><\/p>\n

Eure Aignerin<\/span><\/p>\n

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Wir brauchen einfach mehr Zeit. Die Zeit dr\u00e4ngt. Sie dr\u00e4ngt uns zu handeln. Wir m\u00fcssen effektiver, effizienter und produktiver werden. Wir m\u00fcssen p\u00fcnktlich zu Terminen, rechtzeitig Rechnungen bezahlen und zeitgerecht schlafen gehen. Wenn unser Handy l\u00e4utet, dann lassen wir alles und jeden sofort liegen und stehen! Angenommen, es […]<\/p>\n","protected":false},"author":1,"featured_media":688,"comment_status":"open","ping_status":"open","sticky":false,"template":"","format":"standard","meta":{"footnotes":""},"categories":[14,1],"tags":[149,157,117,158,155,118,156,143,111,151,150,10,112,154,40,153,152],"_links":{"self":[{"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/673"}],"collection":[{"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts"}],"about":[{"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/types\/post"}],"author":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/users\/1"}],"replies":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/comments?post=673"}],"version-history":[{"count":3,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/673\/revisions"}],"predecessor-version":[{"id":703,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/posts\/673\/revisions\/703"}],"wp:featuredmedia":[{"embeddable":true,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/media\/688"}],"wp:attachment":[{"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/media?parent=673"}],"wp:term":[{"taxonomy":"category","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/categories?post=673"},{"taxonomy":"post_tag","embeddable":true,"href":"https:\/\/www.veuveundwuff.at\/wp-json\/wp\/v2\/tags?post=673"}],"curies":[{"name":"wp","href":"https:\/\/api.w.org\/{rel}","templated":true}]}}